20 Dezember 2022

Das Tor zur Zeitenwende




Der Krieg in der Ukraine brachte es mit sich, dass nun viele – vor allem Politiker – von einer Zeitenwende sprechen. Ich glaube, ausgerechnet Herr Scholz, der Bewahrer vom Dienst, hat dieses Wort als einer der ersten in den Mund genommen. Nur, um dann langmächtig herumzudrucksen, was die Verteidigung unserer Welt angeht. Sei´s drum. Eine Zeitenwende gibt es, aber die kommt nicht plötzlich mit einem Krieg zum Tor herein. Nein das Tor öffnet sich langsam. Erst einen Spalt breit, dann weiter und weiter. Geöffnet wurde es nicht von Putin, sondern von der Natur, die in Gestalt der Klimakrise daherkommt. Seit längerem. Insofern passiert eine Zeitenwende nicht plötzlich, sondern allmählich, obwohl für unser menschliches Begriffsvermögen doch wieder sehr schnell. Bis wir realisiert haben, dass wir da durchgehen müssen, beginnen die Kipppunkte das Tor zu unserer Zukunft auch schon wieder zu schließen. Für immer.

Machen wir uns also auf und gehen wir hindurch. Durch dieses Tor, um unsere Veränderungsangst, unsere Starrsinnigkeit, und unsere Unbelehrbarkeit hinter uns zu lassen. Gehen wir hinein in eine neue Offenheit und transformieren wir unsere Einstellungen zu dieser Welt, für die wir als intelligente, vernunftbegabte, aber auch liebesfähige Wesen, verantwortlich sind.

Was heißt das nun für das tägliche Leben? Wie können wir diese – zugegebenermaßen – etwas theoretischen Bekenntnisse in unseren Tagesablauf umsetzen?

Ich glaube, am wichtigsten wird es sein, alle im Laufe der Jahre liebgewordenen Gewohnheiten strikt zu hinterfragen. Ist das, was ich bin und tue, noch zeitgemäß? Oder bin ich durch meine Ernährung, durch meine Art der Mobilität, durch meine Ansichten, vielleicht auch durch meine berufliche Tätigkeit bereits zum Problem geworden? Und wenn ja, wie schaffe ich es, wieder Teil der Lösung zu werden?

Ab hier wird es individuell. Wir alle werden unsere eigenen Wege finden müssen, um unseren Teil an einer gelingenden Zukunft beizutragen. Zumal wir viele verschiedene Identitäten in diesem Leben haben. Wir sind Eltern, Schüler-innen, Konsument-innen, Politiker-innen, Lehrer-innen, u.v.m.

Meine Identität, die hier von Interesse ist, ist mein Wirken als Umweltgemeinderat in der Gemeindepolitik.

Was muss ich tun, um Teil der Lösung zu sein? Da fallen mir zwei Dinge ein. Energiewende und Versiegelung. 
Beide Schlagworte haben einen starken Bezug zur Gemeindepolitik. Und es bedarf gewisser Einsichten hierzu.

Erste Einsicht: Der Gebrauch fossiler Energien hat uns an den Rand des Untergangs gebracht. Das ist erwiesen. Erwiesen ist aber auch, dass wir so viel Energie wie noch nie benötigen, um unseren Planeten grün und lebenswert zu erhalten. Wollen wir Industrie, Forschung, Lebensart, Mobilität, Ernährung, etc. auf den heutigen Level erhalten, ist Sonnenergie, Windenergie, Wasserkraft und Biomasse (in dieser Reihenfolge) in großen Mengen unerlässlich. Biedermannsdorf ist auf einem guten Weg, was Photovoltaik auf Dächern anbelangt. Bezirksweit haben wir hier den größten Zuwachs. Das wurde auch von der Landesregierung anerkannt. Aber ist es genug? Keineswegs. Der Vergleich mit anderen Gemeinden sagt nur aus, dass wir besser sind als die anderen. Das muss aber noch lange nicht gut genug sein. Und es ist auch nicht gut genug. Denn um ausreichend Sonnenstrom produzieren zu können, müssen zusätzlich Parkplätze, Deponien, aber auch die große Zukunftshoffnung Agri-PV, die Symbiose von Sonnenenergie und Ernährungssicherheit, in Angriff genommen werden. Denn nur, wenn wir von fossilen Energien wegkommen, werden wir genug Wasser haben, um unsere Felder bewässern zu können.

Zweite Einsicht: Der Boden ist – abgesehen von den Ozeanen - der größte und wichtigste CO2-Speicher, den wir haben. 
Verschließen wir ihn mit Beton, weil wir glauben, kurzfristige Vorteile lukrieren zu müssen, geht diese Fähigkeit verloren und die Emissionen steigen. Versiegeln wir unseren Boden, sägen wir den Ast ab, auf den wir sitzen. Daraus ergibt sich zwingend, dass wir unser Grünland grün erhalten müssen. Aus eigenem Überlebenstrieb. Daraus ergab sich weiters, dass ich mich vehement gegen die Umwidmung von 11.000m² Grünland in Betriebsgebiet ausgesprochen habe. Leider ohne Erfolg. Weil die Mehrheit unserer Gemeinderätinnen und -räte ihre Einstellung zu ihrer eigenen Zukunft und die ihrer Kinder noch nicht transformieren konnte. 

Wenn ich also akzeptiere, dass ein weiterer Gebrauch fossiler Brennstoffe uns die Lebensgrundlage nimmt, dann muss die erste Priorität sein, die rasche Ausbreitung neuer Energien zu unterstützen.

Wenn ich akzeptiere, dass ein gesunder Boden ein unersetzlicher CO2-Speicher und damit die zweite Säule unseres Überlebens ist, dann muss ich diesen Boden schützen, wo ich kann. Denn das, was wir noch an Grünland haben, gehört längst schon unseren Nachfahren.

Und schließlich die dritte Einsicht: Auf einem kaputten Planeten kann es kein gesundes Leben und keine gesunde Wirtschaft geben. 
Alle Nachteile wie Arbeitslosigkeit, Armut und Unruhen, die Klimaleugner immer an die Wand malen, wenn sie nach Argumenten suchen, um keine Klimaschutzmaßnahmen ergreifen zu müssen, führen wir in katastrophalem Ausmaß herbei, wenn wir weiterhin untätig bleiben. 

Das alles wissen auch die, die es bestreiten. Sie stellen nur andere Interessen über unser aller Überleben.

Aber sie werden einmal nicht sagen können: „Das haben wir nicht gewusst.“

14 Dezember 2022

Die Helden der Grünen Mauer

 


Eine kleine Erzählung nach einer Geschichte in der Wochenzeitschrift „Die ZEIT“.

Die Grüne Mauer.

Amo hat einen Job. Endlich. In Tall hatte er ihn vergeblich gesucht. Sie brauchen dort nur Soldaten. Er war Bauer, damals. Als es dort, wo er lebte, und wo seine Eltern begraben sind, noch grün war. Als es noch Wasser gab und einen Markt für seinen Hirse. Aber dann hatte der Regen ausgesetzt. Im ersten Jahr ging es, da hatte er noch bescheidene Vorräte und auch das Wasser reichte. Im Jahr darauf regnete es zwar, aber um mehr als die Hälfte weniger als in den Vorjahren und im dritten Jahr blieb der Regen wieder ganz aus. Längst hatte er seine paar Kühe verkauft und sonst hatte er nichts, was er hätte zu Geld machen können. Sein Feld war nur noch eine steinharte Kruste, der Brunnen versandet. Er hatte die Wahl, in ein Lager der UNO zu gehen und sich verpflegen zu lassen, oder sich Arbeit in der Stadt zu suchen. Als jemand, der ungern um Hilfe bettelt, machte er sich also in die Stadt auf. Nach Tall. Leider hatten viele andere die gleiche Idee gehabt. Einen Job konnte er nur beim Militär finden. In einer Mischung aus Wut und Verzweiflung wollte er sich schon dazu entschließen, in die Armee einzutreten, da traf er Mboudou. Mboudou hatte bei ihm als Erntehelfer gearbeitet, als die Welt noch so war, wie sie sein sollte. Als Mboudou ihm erzählte, dass er als Gärtner sein Auskommen fand, hielt Amo das für einen schlechten Witz. Ein Gärtner mitten im Sandmeer? 

Da erzählte ihm Mboudou von der Grünen Mauer. Ein Projekt mehrerer afrikanischer Staaten, das zum Ziel hatte, die Wüstenbildung im Sahel aufzuhalten, indem ein Wall aus Bäumen gepflanzt wurde. Über alle Grenzen hinweg, über alle Staaten, über Krieg und Frieden hinweg. Mboudus Erzählung hörte sich an wie eine Geschichte aus einer anderen Welt. Ein Märchen, ein Traum, geboren aus der Sehnsucht nach einer neuen, freundlichen Zukunft. Unerfüllbar? Nein, er war gerade dabei, in Erfüllung zu gehen. Mboudou erzählte begeistert von dem Projekt, das im Senegal im Westen begann und bis zum Horn von Afrika nach Dschibuti reichen sollte. Bis 2030 sollte es abgeschlossen sein und bis dahin sollten 10 Millionen grüne Jobs entstehen. 250 Millionen Tonnen Kohlendioxid sollten gebunden werden. 

Amo machte mit. Und tatsächlich. Der afrikanische Kontinent schien mit mehreren Staaten einen gemeinsamen Aufbruch zu schaffen, die Grüne Mauer wuchs und schien immer mehr die große gute Nachricht zu werden, auf die die Menschen schon lange gewartet hatten.

Doch das ist lange her. Die Begeisterung ist verflogen und machte verbissenem Bemühen Platz. Islamistische Bewegungen wie Boko Haram, Ölpreisverfall und Korruption ließen einen raschen Erfolg nicht zu. Doch nicht alle gaben auf. Einige wenige halten die Idee am Leben. Aus dem Hitzeglast vor ihm schälen sich die Gestalten von Männern hervor, Pflanzkübel mit sich schleppend. Es sind die letzten 10, die noch standhalten. Die ohne Bezahlung arbeiten, die den Gefahren trotzen, die ihr Leben einsetzen, um die Vision zu halten, um den Traum zu bewahren.

„Wir geben nicht auf“, sagt Mboudou. Wir pflanzen immer noch 100.000 Bäume pro Jahr. Wir halten durch – egal wie“. Es sind die Helden unserer Zeit, was sie tun, ist hilfreich für uns alle. Maßnahmen gegen die Klimakrise nützen allen, an welchem Ende der Welt auch immer sie ergriffen werden. Das ist die Eigenheit dieser Krise. Das Klima ist globalisiert. Schon immer.

Klimaszenarien zeigen, dass Wüstenbildung eine der größten Bedrohungen ist, mit denen sich die Menschheit konfrontiert sieht. Auch Europa wird davor nicht gefeit sein. Bei uns und besonders in Österreich haben wir es derzeit noch mit einer anderen Bedrohung zu tun. Statt Sand- sind es Betonwüsten, die fortscheiten. Diese beschleunigen wiederum die Erderhitzung und fördern damit indirekt die Wüstenbildung. Wir tun also alles, um einen Erfolg der Grünen Mauer in Afrika zu verhindern. Ein tödlicher Kreislauf. Wenn es so weiter geht, wird es auch bei uns Heldinnen und Helden brauchen. Nur kann man auf Beton keine Bäume pflanzen, da müsste man erst renaturieren. 

Doch es gibt Hoffnung.

Der Niederösterreichische Bodenbonus – vorgestellt vor wenigen Tagen – zeigt, dass sich in unserer niederösterreichischen Landesregierung ein leises Umdenken bemerkbar macht. Gefördert werden nämlich auch Renaturierungsmaßnahmen. Einzelheiten werden zwar erst im Jänner bekanntgegeben, aber was man heute schon weiß, ist durchaus vielversprechend. 

08 Dezember 2022

Wie hältst du´s mit dem Bodenschutz, liebes Biedermannsdorf?



Am 7.12.2022 wurde das Grundstück 1142 nördlich des Hofer-Marktes (der braune Bereich rechts im Bild) von Grünland auf Betriebsgebiet umgewidmet, weil sich die am Ostrand des Biedermannsdorfer Betriebsgebietes angesiedelten Unternehmen vergrößern wollen. Mit Ausnahme der Grünen stimmten alle Parteien dafür. Ich selbst konnte krankheitshalber nicht dabei sein, habe aber ein Statement dazu geschrieben, das in meinem Blog bei Interesse nachgelesen werden kann.

Biedermannsdorf ist eine Natur-im-Garten-Gemeinde
hat Blühwiesen gesät
hat zusätzliche Bäume und Hecken gepflanzt
hat ein Klimamanifest
ist Klimabündnisgemeinde 
ist e5-Gemeinde und baut als solche stetig seine PV-Bereiche aus
wird 2023 den Radweg über die A2 von/nach Wiener Neudorf fortsetzen
kritisiert zurecht die Raumplanungen anderer Gemeinden wegen fortschreitender Versiegelung
hat 11.000 m² hochwertiges Ackerland zur Versiegelung frei gegeben.

Finde den Fehler.

Unser Ort reiht sich damit in die Versiegelungsfraktion ein, die in NÖ besonders stark vertreten ist und konterkariert damit seine Klimaschutzmaßnahmen. 

Bemerkenswert finde ich, dass auch die SPÖ-Biedermannsdorf dafür war, nachdem sie vehement gegen den Bau einer Biomasse-Anlage aufgetreten ist. Begründung: Verhindern von Versiegelung! Diese Anlage hätte das Potenzial gehabt, 15.000 Haushalte mit erneuerbarer Energie zu versorgen. 
Ich erinnere mich noch an das Geschrei von Profitgier. Dieses fast bigotte Gesäusel von „Natur muss Natur bleiben“. Das alles gilt jetzt nicht mehr, denn es geht leider immer noch darum, dass Grünland nur ein sehr geringer monetärer Wert zugesprochen wird. Aber nur der kurzfristige monetäre Gewinn leitet das Handeln unserer Politik. 

Jetzt zeigt es sich, wer wirklich die Interessen der Umwelt, des Klimaschutzes und damit die Interessen unserer Lebensqualität vertritt und wo sich Umweltbekenntnisse als Scheinheiligkeit und Heuchelei demaskieren.

Karl Wagner
Umweltgemeinderat




Statement zur Umwidmung von Ackerland auf Betriebsgebiet


Bei der Gemeinderatssitzung am 7.12.2022 wurden 11.000 m² Grünland auf Betriebsgebiet umgewandelt und damit zu Versiegelung freigegeben.

Ich konnte krankheitsbedingt nicht an der Sitzung teilnehmen, hatte aber das nachfolgende Statement hierzu beigesteuert.

Statement zum Punkt 9 der Agenda. Umwidmung des Grundstück 1142.

Ich rate strikt von einer Umwidmung ab und begründe dies wie folgt:
Bei dem in Rede stehenden Gebiet handelt es sich um hochwertiges Ackerland.
Das kann aus der NÖ-Bodenkarte entnommen werden.

eBOD2 (bodenkarte.at)

Zum Unterschied von dem als Grünland-PV umzuwidmenden Grundstück, welches nur als mittelwertiges Ackerland ausgewiesen ist. Bekanntlich hat es da viele Gegenstimmen aus allen Fraktionen gegeben, mit der skurilen Begründung, man solle kein Grünland versiegeln. Was im Fall von Grünland-PV ja überhaupt nicht der Fall ist.

Außerdem erinnere ich an den Ausgang der Volksbefragung bezüglich der Biomasse-Anlage. Die Biedermannsdorfer Bevölkerung ist also mit großer Mehrheit gegen weitere Versiegelungen. Dies wäre aber mit dem in Rede stehenden Grundsatzbeschluss eindeutig gegeben.

Bedenken hinsichtlich Ernährungssicherheit, die immer angeführt werden, wenn es sich um den Ausbau von erneuerbaren Energien handelt, müssen also hier, wo es eine Totalversiegelung geben wird, um ein Vielfaches gewichtiger sein.

Doch selbst dann, wenn es sich um weniger wertvolles Ackerland handeln würde, wäre Versiegelung ohne Not immer noch gänzlich inakzeptabel.

Arten-, Klima- und Hochwasserschutz sind in unserer Zeit der Ausbreitung von Betriebsgebieten unbedingt vorzuziehen. Alle falschen Bedenken gegen Windkraft, PV und Biomasse, sind in diesem Fall richtig. Es ist nicht einzusehen, warum sie plötzlich nicht mehr gelten sollen, weil Betriebsgebiet in unserer verzerrten Wahrnehmung immer noch mehr wert ist als Grünland.

Biedermannsdorfer Bau- und Raumordnung

  Dieses Bild hat nur auf den ersten Blick nichts mit Bau- und Raumordnung zu tun. Unser Boden ist unser CO2-Speicher, unser Wasserspender, ...