01 Januar 2021

Von Uruk zur Welt

 


Etwa 3000 vor Christi zwischen Euphrat und Tigris. Uruk zählt 50.000 Einwohner. Eine stolze Stadt, mächtig, unbesiegbar, reich. Feinde gibt es nicht. Uruk ist für die Ewigkeit gebaut. Doch der Untergang zeichnet sich bereits ab. Erste Missernten infolge zunehmender Bodenerosion wegen Raubbaus an den Wäldern dezimieren die Vorräte. Hungersnöte treten auf. Aber immer noch werden die Wälder abgeholzt, 50.000 Menschen brauchen Energie. Das Erwachen kommt spät. Zu spät. 

Die Menschen erkannten den beginnenden Untergang erst, als der wegen fehlender Bäume erodierte Boden von Euphrat und Tigris ausgeschwemmt und mitgeführt wurde. Das Material verstopfte in den Unterläufen die Bewässerungskanäle. Meerwasser sickerte ins Land und versalzte die Felder. Die Gerstenerträge sanken. Es kam zu Hungersnöten und sozialen Unruhen.

Die Geschichte erzählt von Gilgamesch, der König von Uruk gewesen sein soll. Dieser tötete den Hüter des Zedernwaldes, den Riesen Humbaba. Sich selbst als Held rühmend, rodet er den Wald. Die Strafe – siehe oben.

Wie Uruk erging es vielen nachfolgenden Kulturen. Die Mykenische Kultur mit ihrem Trojanischen Krieg, Athen und Sparta im peloponnesischen Krieg verbrauchten derart gewaltige Holzmengen für den Schiffsbau, dass sowohl auf den Inseln als auch auf dem Festland nicht nur die Eichenwälder, von denen Homer erzählt, sondern alles, was abgeschlagen werden konnte, beseitigt war. Auf den Verlust des Waldes folgte der Ruin der Landwirtschaft und der Untergang Griechenlands.

Die Phönizier, die zeitgleich lebten, rodeten, um den gesamten Mittelmeerraum befahren zu können, die sagenhaften Zedernwälder des Libanon.

Rom setzte den Raubzug in noch viel größerem Maßstab fort. Es brauchte Holz nicht nur für seine Schiffe, sondern auch für die Eisenhütten.
Einer der wesentlichen Gründe, warum Rom nördlich der Alpen den Versuch unternahm, die Germanen anzugreifen, dürften deren Wälder gewesen sein, die für das Weltreich eine willkommene Energieressource gewesen wären (vergleichbar mit dem Öl der arabischen Länder für die industrialisierten Staaten). Der Untergang Roms hatte sicher mehr als nur einen Grund – die Erschöpfung seiner wichtigsten Energieressource, des Holzes, als einer der hauptsächlichen Gründe sollte aber nicht zu gering veranschlagt werden. Das Gleiche gilt für das zu seiner Zeit gewaltige Imperium Venedigs.

Abholzungen großen Ausmaßes gab es, vor allem im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit, auch in Mitteleuropa. Sie lassen sich vor allem für das 11. Bis 13. nachchristliche Jahrhundert belegen, als die Bevölkerung stark anwuchs. Später nochmals in der Zeit von der Renaissance im 15./16. Jahrhundert bis zur industriellen Revolution.

Eine kurze Entspannung kam mit der Entdeckung der Kohle, damit aber gleichzeitig der Startschuss zur Verpestung der Erde.

Man sieht, der Hunger der Menschen nach Energie war immer schon unstillbar. Und immer folgte dem Raubbau die Strafe. Erst waren es die fehlenden Wälder, die Dürren und Hungerkatastrophen nach sich zogen, dann die Kohle, die die Luft verpestete und jetzt kam noch Erdöl und Erdgas hinzu. Fossile Brennstoffe, die den Treibhauseffekt erzeugen, der eine noch nie dagewesene Bedrohung für die ganze Menschheit darstellt.

Das alles ist nachzulesen im Buch des Arztes, Neurowissenschaftlers und Psychotherapeuten Prof. Dr. Med. Joachim Bauer „Fühlen, was die Welt fühlt. Die Bedeutung der Empathie für das Überleben von Menschheit und Natur.“

Joachim Bauer stellt fest, dass wir mit Beginn der Sesshaftwerdung die empathische Beziehung zur Natur verloren haben. Aber besitzen wir überhaupt noch die Fähigkeit zur Empathie? Mitgefühl gegenüber unseresgleichen scheint ebenso im Abnehmen begriffen zu sein wie das gegenüber der Natur. Wir behandeln die Natur wie eine Ware und die Menschen wie Konsumenten. Ohne Seele und ohne Gefühl. Wir sind im Begriff, mit unserer Unempfindlichkeit gegenüber dem, was uns am Leben erhält, unseren Untergang herbeizuführen. Nur werden diesmal nicht einzelne Imperien untergehen, sondern die gesamte Menschheit.

Doch einen Unterschied zu früheren Jahrtausenden gibt es. Wir wissen heute mehr. Hat man in früheren Zeiten unverdrossen an Gewohntem festgehalten bis zum Untergang, so kennen wir heute den Weg, den wir einschlagen müssen, genau. Weg von Erdöl und Erdgas, weg von der Kohle und hin zu erneuerbaren Energien, hin zu Sorgfalt, zu Achtsamkeit gegenüber den Schätzen, die uns die empathische Natur bietet. 




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