Chikondi Chabvuta ist in ihrer Heimat Malawi Anwältin für Klimagerechtigkeit und Frauenrechte
Sie war vor ihrer Reise zum Klimagipfel zu Gast in Wien und wurde von den Salzburger Nachrichten (SN) interviewt. Ihre Art von Erfahrung ist wenig bekannt, weil sie in den vielen Protesten und der laufenden Kritik an den COPs untergeht. Deshalb wird das Interview hier wiedergegeben.
Zum fünften Mal ist sie heuer bei einem UN-Klimagipfel dabei. Warum viele das Format für abgehoben und abstrakt halten, kann sie nicht nachvollziehen.
SN: Haben Sie das Gefühl, dass Sie auf der COP gehört werden?
Chikondi Chabvuta: Die Delegationen, insbesondere aus Ländern wie Malawi, verlassen sich auf NGOs. Wir haben die Daten und Belege, um ihre Länderposition zu untermauern. Sie basieren auf unserer Arbeit, die wir in den Gemeinden leisten, auf den Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, aber auch auf den Veränderungen, die die Gemeinden fordern. Organisationen wie Care erklären, was der Klimawandel ist und wie sich das Wetter so schnell von einem Extrem zum anderen verändert. Wir greifen auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zurück und versuchen, sie den Menschen in den Gemeinden so zu erklären, dass sie verstehen, womit sie in den nächsten Jahren rechnen müssen.
SN: Was passiert dann mit dieser Erkenntnis?
Die meisten Gemeinden, in denen wir arbeiten, leben von der Landwirtschaft. Sie verlassen sich vollständig darauf. Planung ist daher alles. Es ist wichtig zu wissen, was passieren wird. Unglücklicherweise weiß man durch den Klimawandel nicht mehr so genau, was passieren wird, abgesehen von den Phänomenen der nächsten zwei Wochen. Je weiter die Prognosen geografisch ins Detail gehen, desto einfacher wird es aber für die Gemeinden, sich gut vorzubereiten.
SN: Und Sie versuchen, das Verbindungsglied zwischen den Menschen, der Politik und der Wissenschaft zu sein?
Genau. Wir bedienen uns nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der gelebten Erfahrung aus den Projekten und Programmen, die wir durchführen. Diese gelebten Erfahrungen bringen wir ein, sie wären sonst nicht sichtbar im politischen Diskurs. Wir arbeiten beispielsweise täglich mit Frauengruppen, wir arbeiten täglich mit jungen Menschen, wir arbeiten täglich mit den Strukturen der Gemeinden auf ihren Farmen. Was funktioniert bereits? Wo würde es Sinn ergeben, mehr Geld zu investieren? Die Geschichten aus dem täglichen Leben helfen, die Position eines Landes zu formen. Diese Positionen werden dann auf dem Klimagipfel unter den Ländern geteilt, in der Hoffnung, dass es dadurch einen Wandel gibt.
SN: Oft besteht der Eindruck, die Klimakonferenzen seien abgehoben. Es sind aber lebensechte Erfahrungen, die geteilt werden?
Ja, das ist genau, was passiert. In den Verhandlungen bekommen die Länder Zeit, ihre Positionen zu teilen. Sie teilen die gelebten Erfahrungen ihrer Bürgerinnen und Bürger.
SN: Welche Erfahrung teilt Malawi?
Die Regierung hatte ihre Partner, darunter auch Care, darum gebeten, bei der Entwicklung der Position für die COP zu helfen. Wir haben unsere Erfahrung eingebracht, die Sprache, in der sie geteilt werden sollte. Wir haben auch sichergestellt, dass die Positionen der Farmerinnen eingebracht werden. Was es heißt, als Frau Verluste und Schäden durch den Klimawandel zu erleben. Die Regierung braucht diese menschliche Perspektive. Wir wollen auch zeigen, dass Frauen widerstandsfähig sind. Sie stehen in der ersten Reihe, wenn die Folgen eintreten. Sie wissen, was funktioniert. Wenn wir mehr Geld in die Anpassung an den Klimawandel stecken, können wir diese funktionierenden Lösungen ausweiten – und nicht nur diskutieren. Finanzierung bringt sehr konkrete Maßnahmen.
SN: Gibt es Beispiele für gelungene Maßnahmen zur Anpassung?
Eine Menge. Ich gebe nur ein paar Beispiele: Da ist das Thema Agroforstwirtschaft. Kleinbauern pflanzen Bäume, die als Puffer bei extremen Wetterereignissen dienen. Sie schützen etwa die Ackerflächen vor Überflutungen. Ein zweites Beispiel wäre die Mischkultur. Wenn man einen Hektar Land hat, pflanzt man auf einer Seite Mais, auf einer anderen Seite Maniok und auf einer weiteren Seite Hirse. Eines davon wird überleben. Wir wissen, dass die Bevölkerung die Fähigkeit hat, sich anzupassen. Deshalb unterstützen wir die Menschen dabei zu erkennen, dass sie es tatsächlich selbst schaffen können. Wir helfen auch, die Unterstützung zu bekommen, um das auszuweiten. Wenn etwas nicht von der Regierung unterstützt wird, wenn kein Geld dafür bereitgestellt wird, neigen die Menschen dazu, es als weniger wichtig anzusehen. Aber es geht tatsächlich ums Überleben.