Auf Österreich umgelegt braucht man nur die Jahreszahl zu verändern.
Harald Martenstein in "Die Zeit" über Demonstrationen und die Frage, wie man ein neues 1933 verhindert"Nach den Massenmorden an Juden in Israel, also nach dem 7. Oktober, hat es in Deutschland Demonstrationen gegeben, bei denen der Opfer gedacht wurde. Am 22. Oktober versammelten sich am Brandenburger Tor gerade mal 10.000 Menschen. Und das in einem Land, dessen Staatsräson laut ständig wiederholten Beteuerungen zu einem wesentlichen Teil aus dem »Nie wieder« besteht. Gemeint ist unter anderem: nie wieder Auschwitz. Seit 1945 war den SS-Mördern in Wort und Tat niemand mehr so nahe gekommen wie die Hamas.
Viele, auch in Deutschland, kritisierten stattdessen Israel für seine Besatzungspolitik. Das kann man tun. Aber man kann unmöglich Massenmord zu einem Akt des Widerstands adeln. Auch viele Juden lehnen bekanntlich die Besatzungspolitik ab. Ein paar von ihnen wurden von der Hamas umgebracht. Die Nazis ermordeten auch alle Juden, einschließlich derer, die deutschnational dachten und im Ersten Weltkrieg mit Orden behängt worden waren.
Nach den Correctiv-Enthüllungen demonstrierten bundesweit ungefähr eine Million Menschen gegen die AfD, eine ganz andere Größenordnung. Einige Demonstranten zeigten Parolen wie »Es ist an der Zeit, es besser zu machen als unsere Urgroßeltern«.
Diese Frage hat mich mein Leben lang beschäftigt, sie ist die Grundfrage meiner Existenz, jedenfalls was mein Deutschsein betrifft: Wie kann ich es besser machen? Bei mir geht es natürlich eher um meine Eltern und Großeltern, die weder Nazis waren noch im Widerstand. Den Juden aber hat keiner geholfen. Alle haben weggeschaut. Man brauchte Mut; ob ich genug davon gehabt hätte, weiß ich nicht.
Wenn ich eine To-do-Liste zu schreiben hätte, zum Thema »Neues 1933 verhindern«, dann stünde auf Platz eins: »Juden müssen in Sicherheit leben, in Deutschland und überall. Wegschauen verboten.« Das Projekt, alle Juden auszurotten, war das Besondere, was die Nazis von anderen Nationalisten unterschied, ihr Alleinstellungsmerkmal. Auf der To-do-Liste stünde natürlich noch anderes, zum Beispiel, dass niemand wegen seiner oder ihrer Herkunft aus Deutschland ausgewiesen werden darf.
Wo waren diese eine Million Leute, die ein neues 1933 verhindern wollen, eigentlich nach dem 7. Oktober? Ich rede nicht nur über Demonstrationen, auch über Meinungsbeiträge. Einen »Aufschrei«, wie man das heute nennt, habe ich nicht gehört, außerhalb der Kommentare in den Zeitungen. Lauter wurde es erst, als die israelische Offensive begann.
Bei einer Demo in München wurde ein Spruchband mit dem Text »Gegen israelischen Faschismus!« mitgeführt. »Ein kleiner Teil der Demonstration richtete sich gegen Israel«, stand in der Abendzeitung. Bei der Demo in Berlin wurden Teilnehmer, die sich als projüdisch zu erkennen gaben, laut Der Westen als »Nazis« beschimpft und bedroht. Ich binde das nicht den Demonstranten insgesamt ans Bein. Aber es ist schon bizarr, wenn ein »neues 1933« mithilfe von Leuten verhindert werden soll, die zwischen Hitler und Israel keinen Unterschied erkennen.
Ich wollte begreifen, was kaum zu begreifen ist, Auschwitz. Also habe ich Geschichte studiert, Schwerpunkt 20. Jahrhundert. Irgendwann hatte ich verstanden, dass es in Deutschland vor 1933 fast keine Demokraten mehr gab, nur noch Fanatiker und Welterlöser der verschiedensten Spielarten. Alles Mögliche war wichtiger als Freiheit und Menschenrechte. Das ist es, was ich glaube, gelernt zu haben."
Warum dieser Artikel in einem Umweltblog? Weil Rechtsradikale keinen Bock auf Klimaschutz haben und betonstur die Klimakrise und damit alle physikalischen Naturgesetze leugnen. Das heißt für Österreich: kommen sie in die Regierung, kommt weitere intensive Versiegelung, weiterer Ausbau des Individualverkehrs und Stopp jeglicher alternativer Mobilitätsmöglichkeiten wie Rad, Bahn und Bus. Sämtliche trotz ÖVP erreichten Klimaschutzmaßnahmen stehen dann zur Disposition. Alle damit verbundenen negativen Konsequenzen wie wirtschaftlicher Abstieg, Strafzahlungen und Verschlechterung der Lebensqualität werden folgen. Das wiederum wird sich auf die Stimmung in der Bevölkerung niederschlagen. Wer wird schuld sein? Natürlich die Anderen. Die Migranten, die Juden, die Moslems, die Grünen, die Linken, oder einfach alle, die auf "Fahndungslisten" stehen!
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