24 August 2021

Florianimentalität + Energieverschwendung = Klimakatastrophe

Um die Klimakrise noch zum Stillstand bringen zu können, muss jetzt sofort etwas geschehen. Untätig darauf warten, bis jemand die große, wunderbare technische Lösung gefunden hat, die uns von allen Pflichten unseren Mitmenschen und der Natur gegenüber befreit, ist eine gefährliche Denkweise. Wir müssen vielmehr mit unseren Bemühungen fortfahren, die derzeit am Programm stehen. Nämlich die Energiewende UND die Wende in unserer Gesellschaft zu erreichen. Anders geht es nicht. 

Aus lauter Liebe zur Natur Maßnahmen verhindern, die genau diese Natur schützen sollen, zeugt entweder von Florianimentalität oder von Unbedarftheit. 

Gerade jetzt, wo die Warnungen des Weltklimarates ernst wie noch nie sind und die Einschläge immer näher kommen, kann es nicht sein, dass in ganz Österreich immer wieder Klimaschutzmaßnahmen verhindert werden. Es gibt zwei gleichwertige Strategien für den Umweltschutz. Das ist Boden- und Artenschutz einerseits und die Energiewende andererseits. Werden Windräder, Biomasseanlagen, Geothermie, Fotovoltaikanlagen, etc. gebaut, wird etwas für die Energiewende getan. Achten die Gemeinden darauf, dass Aulandschaften, Windschutzgürtel und andere Grünflächen schonend gepflegt, Wälder genutzt und geschützt werden und der Zersiedelung entgegengewirkt wird, tut sie etwas für den Artenschutz. So kann beiden Strategien die Aufmerksamkeit zuteil werden, die sie verdienen und brauchen.

Energie, die benötigt wird, muss hergestellt werden. 

Wir können nicht unseren Energiebedarf stetig erhöhen und gleichzeitig gegen die Energieherstellung protestieren. 

Es ist daher dringend vonnöten, uns Gedanken darüber zu machen, was wir tun können, um unsere Lebensart so zu ändern, dass ein gutes Leben innerhalb der Kapazitäten unserer Erde möglich ist.

Fossil wird es nicht mehr gehen. Erdgas besteht zu 90 Prozent aus Methan, dessen Konzentration in der Atmosphäre seit einigen Jahren permanent ansteigt. Dazu muss man wissen, dass Methan in der Atmosphäre deutlich stärker wirkt als CO2.

Daher: Raus aus Öl und Gas!




15 August 2021

Wo bist du Adam?


Wiedergabe eines Artikels in der Furche vom 12. August 2021 von Oliver Tanzer:


Die Kleine Zeitung vom 8. August hatte eine sehr beziehungsreiche Titelseite. Oben rechts wurden die beliebtesten Vornamen des Geburtsjahrgangs 2020 präsentiert, Marie und Jakob. Im Zentrum der Titelseite stand der Bericht des UN-Weltklimarates mit der Prognose, die Welt werde im Jahr 2100 zu einem katastrophalen Lebensraum werden, viele dazu beitragende Entwicklungen seien bereits unumkehrbar eingeleitet.

Die vielen Maries und Jakobs werden im Jahr 2100 achtzig Jahre alt sein, und für sie werden Waldbrände, Überschwemmungen, Dürren, Hungersnöte und Flüchtlingswellen auf der Tagesordnung stehen: Urlaubsparadiese in Flammen, Flutwellen, Unwetter, Tornados. Die Ausnahmen von heute werden 2100 Regel geworden sein.

Wie werden diese Menschen dann über ihre Eltern- und Großelterngeneration denken? Es wird wohl auf eine biblische Frage hinauslaufen - auf die erste Frage, die Gott an den Menschen Adam stellte: "Wo bist du?" beziehungsweise "Wo warst du?" gleichbedeutend mit: "Was hast du getan?". Und so wie Adam in der Bibel antwortet, "ich habe mich versteckt, denn ich hatte Angst", werden auch wir antworten müssen, wir haben uns versteckt, weil wir Angst hatten.

Angst davor, unseren Reichtum und unseren Luxus aufs Spiel zu setzen, Angst davor, weniger zu konsumieren, uns weniger zu leisten. Angstdavor, unsere Mode und unsere Art des Wachstums aufs Spiel zu setzen, unser System der Ablenkungen und Illusionen (Arbeit inklusive) zu gefährden, das System des Wettbewerbs zu hinterfragen und im übertragenen Sinn - gleich Adam - unsere Nacktheit zu erkennen.

Ungleich Adam erkennen wir aber schon das Ende - die Selbstvertreibung aus dem Paradies. Und wir, die heute regierenden, regierten, mitlaufenden und steuernden Menschen, sind dafür selbst und in vollem Ausmaß verantwortlich.

Weil wir technologisch brillante Energieeinsparungen mit immer noch nutzloseren neuen Energieverschwendungen zunichtemachen.
Weil wir Politikern erlauben, noch schnell die angeblich letzte Autobahn, die letzte Flughafenstartbahn in die Landschaft zu pflastern.
Weil wir erlauben, dass Grünland für immer neue Einkaufszentren und Einfamilienhaussiedlungen preisgegeben wird.
Weil Parteien gewählt werden, die explizit keine Klimastrategie entwickeln, die irgendwelche entscheidenden Effekte hätte.
Weil wir Menschen glauben schenken, die orakeln, der rettende Fortschritt werde schon noch kommen, also könnten wir weitermachen wie gehabt.
Weil wir, die alle Mittel für eine mögliche Trendumkehr seit Jahren kannten, diese Mittel nicht nutzten, sondern Veraltetes bewahrten, Schädliches förderten und sich Millionen Konsumenten über Werbung verführen ließen.
Weil wir ganz konkret Handelsabkommen tolerieren, die Ökosysteme in Südamerika für Autoexporte und billiges Fleisch vernichteten. (Und wie zynisch wird sich dagegen die "grüne" Initiative von VW ausnehmen, in der Werkskantine auf Currywurst zu verzichten?)

Wie also werden die Maries und die Jakobs über uns denken? Vielleicht werden einige von ihnen den Kopf schütteln, andere weinen und wieder andere auf unsere Gräber spucken. Und sie alle hätten damit recht. Das können wir uns vor Augen halten, während wir nun weiterhin nichts, zu wenig oder das Falsche tun.

09 August 2021

Rund um den Weltklimarat - erzählt von einem Insider

 


Am 9. August erschien der erste Teil des 6. Sachstandsberichts des IPCC (Intergouvernemental Panel on Climate Change, auch als Weltklimarat bezeichnet). Und er hielt schlechte Nachrichten parat. Wenn nicht eine tiefgreifende Reduzierung des Treibhausgasausstoßes erfolgt, wird sich die Erderhitzung bereits in den frühen 2030er Jahren über 2 Grad erhöhen. Die Begleiterscheinungen werden gewaltige Naturkatastrophen in allen Regionen der Welt sein. Zieht man in Betracht, dass alle Vorhersagen des Weltklimarats bisher eingetroffen sind, müssen diese Warnungen sehr ernst genommen werden.

Wahrscheinlich wird es trotzdem genügend „Genies“ geben, die die Klimakrise als „Zeitgeist“ oder als Übertreibung abtun. Auch, wenn sich das Drama bereits vor unseren Haustüren abspielt.

Da traf es sich gut, dass ich die Gelegenheit hatte, einen der sieben wissenschaftlichen Hauptberater der EU-Kommission, Professor Nebosja Nakicenovic, zu einem Gespräch rund um den IPCC zu treffen.

Nebosja Nakicenovic war stellvertretender Generaldirektor der IIASA und Professor für Energiewirtschaft an der Technischen Universität Wien.
Weiters war er maßgeblich am 5. Sachstandsbericht des IPCC beteiligt und zusammen mit der bekannten Klimaforscherin und mehrfachen Buchautorin Frau Prof. Helga Kromp-Kolb und Prof. Karl Steininger vom Wegener Center an der Uni Graz koordinierender Leitautor des „Österreichischen Sachstandsberichts 2014“.

Ich freue mich, Inhalte dieses Gesprächs den Biedermannsdorfern und Biedermannsdorferinnen nun zur Verfügung stellen zu können.

Die Geschichte
1985 gab es in Villach ein Treffen von 88 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Unter anderem wirkte dabei auch Dr. Jill Jäger mit, damals Senior Researcher am Sustainable Europe Research Institute. Sie lebt heute in Wien. Die Teilnehmer an diesem Treffen erkannten damals die Gefahr, die vom menschenverursachten Klimawandel ausging. Im Bewusstsein der Wichtigkeit dieses Themas hoben sie es auf die internationale politische Agenda. Die Politik muss sich mit der Wissenschaft zusammenschließen, um dieser Gefahr wirksam begegnen zu können. Damals wurde genau das vorhergesagt, was heute passiert. Die Erwärmung um einen Grad, mit allen dazugehörigen negativen Begleiterscheinungen. (Anmerkung des Verfassers: Wobei in den Alpen und in Österreich die Erwärmung bereits sehr viel weiter, bis zu zwei Grad, fortgeschritten ist).
Natürlich schätzten viele Menschen die Gefahr schon viel früher als hoch ein, wie zum Beispiel der finnische Chemiker Arhenius (1859 – 1927) oder Alexander von Humboldt (1769 – 1859), der Forschungsreisende, der schon damals das Verschwinden von Wäldern für künftige Naturkatastrophen verantwortlich machte. Doch dieses Mal kam die Nachricht von einer ganzen Gruppe namhaften Wissenschaftlern, was dann auch zur Gründung des IPCC im Jahr 1988 unter Führung der IIASA führte.

Die Prozedur
Auf meine Bedenken hin, dass – wenn die Politik mit im Boot ist – immer auch von gewissen Lobbys beeinflusste Beschwichtiger und Leugner mitmischen, die den Bericht verwässern wollen, beschreibt mein Gesprächspartner die Prozeduren, die nötig sind, bis ein IPCC-Bericht in die Öffentlichkeit entlassen werden kann. Sie ist kompliziert, langwierig und durchläuft viele Stadien bis zur Veröffentlichung.

Zunächst werden Leit-Autoren, die gewillt sind, mitzuarbeiten, von den Regierungen der Mitgliedsländer nominiert. Diese Autoren arbeiten unentgeltlich, es gibt lediglich einen Forschungsfonds für Entwicklungsländer. Eine finanzielle Abhängigkeit ist somit nicht gegeben. Anschließend werden drei Arbeitsgruppen gebildet, von denen jede etwa 10 bis 20 MitarbeiterInnen hat, die ebenfalls aus den Wissenschaften kommen, also auch Experten sind. Der in Rede stehende 6. Sachstandsbericht betrifft die Arbeitsgruppe I. Sie befasst sich mit den physikalischen, naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels.

Die Themen der der Arbeitsgruppe II sind die Auswirkungen der Klimakrise und Anpassungmaßnahmen., die Arbeitsgruppe III setzt sich mit Möglichkeiten und Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise auseinander. Aktuell erscheinen die Berichte dieser beiden Arbeitsgruppen 2022.

Aber was passiert vorher?
Nachdem die Autoren feststehen, gibt es gemeinsam mit den Regierungsvertretern das sog. Scoping-Meeting, wo ein allgemeiner Rahmen für die Inhalte erstellt wird. Ebenso erfolgt die Zuordnung der Autorinnen und Autoren zu den verschiedenen Kapiteln. Zwei koordinierende Hauptautoren, im Regelfall einen aus Süden, einen aus Norden, werden ernannt. Dann gibt es noch die Contributing-Authors, die Beiträge schreiben. Sie werden nicht von den Regierungen ernannt.

Nun findet eine Folge von einigen Plenarsitzungen mit Regierungsvertretungen und Wissenschaftlichen Autoren statt, dessen Ergebnisse jeweils im erweiterten Kreis mit Politik und Wissenschaft kommuniziert werden. Es gibt jedes Mal eine Unzahl von Kommentaren dazu, zumal neuerdings auch Stakeholder zugelassen sind, die die Interessen von NGOs, vornehmlich aber Konzerninteressen vertreten. Letztere gehen sehr oft in Richtung Klimaleugnung. Alle diese Kommentare müssen dokumentiert und – unabhängig von ihrer Sinnhaftigkeit - beantwortet werden. Beantwortet in dem Sinne, dass sie entweder akzeptiert und eingearbeitet oder wegen mangelnder wissenschaftlicher Begründung, beziehungsweise wegen Irrelevanz abgelehnt werden.

Diese Prozedur wiederholt sich einige Male. Man kann sich vorstellen, dass hierbei Jahre vergehen. Eine Plenarsitzung besteht aus mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern, bestehend aus Abordnungen der Mitgliedsländer. Diese Abordnungen sind aus Politik und Wissenschaft zusammengesetzt.

Abschließend werden die einzelnen Kapitel in einem Synthese-Bericht Satz für Satz verhandelt. Es ist oft ein Ringen um die Deutung und Aussage einzelner Wörter. 2014 standen die Verhandlungen knapp vor dem Abbruch, weil die Kernenergie als klimaschutzrelevante Alternative dargestellt wurde. Österreich war dagegen und es konnte erst eine Einigung erzielt werden, als die Gegnerschaft Österreichs zur Kernenergie in einer Fußnote festgehalten wurde. Für die Kernenergie hatten besonders die USA und die EU – mit Ausnahme Österreichs – plädiert.

'Das Prinzip der Wissenschaft - Zweifeln.
Wir sehen: Einfach machen es sich die Beteiligten nicht. Es treffen, besonders seit Vertretungen der Stakeholder zugelassen sind, sich stark widersprechende Interessen aufeinander, die dort und da eine mildere Darstellung von Problemen nach sich ziehen werden. Man kann sich also denken, dass, wenn eine Gefahr als ernst dargestellt wird, sie in Wirklichkeit ganz besonders ernst ist. Jedenfalls steht eines fest: Ernst müssen die Ergebnisse des Berichts auf jeden Fall genommen werden, denn er kommt nach Art der Wissenschaft zustande. Nämlich alles erst streng in großem Kreis zu hinterfragen zu prüfen, bevor es als Tatsache veröffentlicht wird.

Professor Nakicenovic kann sich übrigens nicht vorstellen, dass die Kernenergie bei der Bekämpfung der Klimakrise eine Rolle spielen wird. Auch deshalb, weil es keine Weiterentwicklung gegeben hat. Jetzt ist die Zeit dafür nicht mehr vorhanden. So, wie überhaupt für die Entwicklung technologischer Lösungen die Zeit zu knapp ist.
Auch er bestätigt die Aussage der Wissenschaft: Wir haben keine Zeit mehr.
Die Lösung muss in der Nutzung aller vorhandener erneuerbarer Energieträger liegen. Seiner Meinung nach – und auch da befindet er sich wohl im Einklang mit allen, die mit offenen Augen durchs Leben gehen – muss es rasch eine Systemänderung geben. Vor allem erwähnt er da die Kreislaufwirtschaft. Denn auch die Energiewende kann uns nicht von der Verpflichtung befreien, den Raubbau an den Ressourcen der Erde zu beenden.
















Umweltbericht 2024

Der heurige Umweltbericht befasst sich intensiv mit der neuen niederösterreichischen Raumordnung und der dazugehörigen Strategischen Umweltp...