30 Mai 2019

Unser kleines Paradies.



Ich sitze vor meinem Computer, um diesen Beitrag zu schreiben. Eben erst war ich mit Elisabeth noch bei meiner nun bald 90-jährigen Mutter auf Besuch. Es ist ein gutes Gefühl, ihre Gesundheit und ihre Agilität zu sehen. Mindestens einmal wöchentlich muss ein Besuch sein. Je älter sie wird, desto näher scheinen wir uns zu kommen. Kürzlich ist sie von einem Kuraufenthalt zurückgekommen. Noch frischer und noch munterer als sonst.

Nächste Woche fahren wir für einige Tage in die Steiermark. Ein wenig ausspannen, schwimmen, wandern, lesen. Wir müssen viel mitnehmen. Der Hund, Bücher und Badesachen erfordern viel Platz, aber den haben wir ja. Eines unserer beiden Autos ist geräumig und schnell.

Man sieht, es geht uns gut. Wir haben zwei Autos, Haus und Garten, sind dank guter Ernährung und eines guten Fitnessangebots, sowie eines guten Gesundheitssystems gesund und fit. Nach derzeitigem Ermessen werden wir das wohl auch noch lange sein.

Das haben wir auch verdient. Wir haben unser ganzes Leben lang hart gearbeitet, haben unser Haus gebaut und als Umweltleistung haben wir auch noch Fotovoltaik am Dach.



Zeitung lesen dürfen wir halt nicht. Oder Zeit im Bild ansehen. Oder überhaupt diese lästigen Berichte von Südwind, Green Peace oder Bücher über diese unsäglichen Probleme in Afrika lesen. Da steht doch glatt, dass wir nur deshalb so leben können, weil die meisten anderen Menschen das nicht können. Oder dass wir zu den zwanzig Prozent der Weltbevölkerung zählen, die gerade unseren Nachfahren das Leben rauben mit unserem Ressourcenverbrauch.

Auch die Wissenschaft tut alles, um uns unser kleines Paradies zu vermiesen. Die sagen, wenn wir so weitermachen, wird es über kurz oder lang nicht nur afrikanische oder asiatische, sondern auch italienische oder spanische Flüchtlinge geben. Nämlich dann, wenn aufgrund der Klimakrise Gegenden in Südeuropa unbewohnbar geworden sind. Mit unserem guten Gesundheitssystem, unserem guten Leben in Sicherheit und Wohlstand können wir das durchaus noch erleben. Aber ob dieses Leben dann noch gut sein wird?

Gestern hatten wir einen unserer beiden Enkel bei uns. Er ist drei Jahre alt. Wir lieben ihn und er uns. Wenn er mir die Hände entgegen streckt weil er aufgehoben werden will, dann drückt er damit Vertrauen aus. Unerschütterliches Vertrauen. Dass ich ihn fallen lassen könnte, ist unvorstellbar für ihn. Ich setze ihn auf meine Schultern und laufe mit ihm herum. Er lacht vergnügt und winkt allen zu, denen wir begegnen. Und doch lasse ich ihn fallen. Wir alle lassen unsere Kinder fallen. Weil wir ihre Zukunft gerade verspielen.

Die EU-Wahlen haben gezeigt, dass die Zahl derer, denen die gleichen Gedanken durch den Kopf gehen, gestiegen ist. Ein Hoffnungsschimmer. Unser kleines Paradies ist noch nicht verloren.










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