In einer Zeit, wo Krieg und Grausamkeit wieder einmal die Oberhand erhalten, berichten die Salzburger Nachrichten über ein Dorf in Israel, wo um Frieden zwischen Arabern und Israelis ehrlich gerungen wird. Der Artikel über das Dorf Wahat al-Salam ist ein positives Beispiel, wie gerade in dieser Zeit berichtet werden muss. Bei aller notwendigen Berichterstattung über den Krieg in Israel und Gaza wird eben auch das Gute, das Positive wie dieses Dorf, erwähnt.
Der Bericht zeigt: Das Gute gibt es trotz allem, Menschen, die sich von Hass und Gewaltbereitschaft nicht überrennen lassen und weiterhin versuchen, Frieden und Ruhe zu bewahren.
So geht Berichterstattung. Zeigen, dass es in der Welt immer auch die andere Seite gibt. Die Seite der Hoffnung. Und wenn es nur einzelne kleine Zellen sind. Solange die am Leben bleiben, ist nichts verloren. Ich bin überzeugt, es gibt sie überall, auch bei uns, auch in Asserbeidschan, in Russland und in der ganzen Welt. Sie nicht totzuschweigen, sondern sich auf die Suche nach ihnen zu machen und über sie zu berichten, ist das, was gute Medien ausmacht.
Hier der Artikel im Wortlaut:
WAHAT AL-SALAM. Wenn Roi Silberfeld mit seinen Töchtern den Schutzraum im Nachbarhaus aufsucht, sagt er der Älteren - sie ist vier Jahre alt -, dass sie zu einer Party zu den Nachbarn gehen und sie dort spielen kann. Er schummelt. Heute Nachmittag gibt es ein Treffen mit anderen Eltern, wie sie das künftig handhaben wollen. Wie man mit Kindern über den Krieg redet. Zum Treffen kommen arabische und jüdische Israelis. In seinem Dorf, gelegen auf einer Anhöhe zwischen Tel Aviv und Jerusalem, leben etwa hundert Familien, jüdisch und arabisch, zusammen. Auf Arabisch heißt das Dorf Wahat al-Salam, auf Hebräisch Neve Schalom. Übersetzt bedeutet das Oase des Friedens.
Wahat al-Salam wurde 1970 gegründet. Es entstand aus der tiefen Sehnsucht, aus der Gewaltspirale auszubrechen. "Ich wollte meine Kinder in einem friedlichen Umfeld aufwachsen sehen", sagt Roi Silberfeld, Direktor der School for Peace, die eigentlich weniger Schule ist als ein Ort, der politische Arbeit leistet, eine Plattform für Dialog bietet und mit aller Kraft forciert, dass das Projekt funktioniert.
Rundherum herrscht seit Samstag wieder Krieg. "Das hat mich in mehrfacher Hinsicht überrascht", sagt Roi Silberfeld. "Dass der Geheimdienst nichts gewusst hat vom Angriff der Hamas. Und dass Israel so lange braucht, um die Kontrolle wiederzuerlangen."
Mit seinen Töchtern geht er nach wie vor auf den Spielplatz. "Wir haben nach dem Alarm eineinhalb Minuten, um einen Schutzraum aufzusuchen. Die Leute, die beim Spielplatz wohnen, sind es gewohnt, dass wir kommen." Doch die Angst sei immer dabei.
Was läuft in Neve Schalom anders als im Rest Israels? Seit Jahrzehnten wird eine Lösung für den Nahostkonflikt gesucht - was gelingt hier im Kleinen? "Unser Schlüssel ist der Dialog", erklärt Silberfeld. "Die Leute fühlen sich gehört, auch wenn nicht alles erfüllt wird, was sie sich wünschen. Aber wir ringen um gegenseitiges Verständnis. Das bedeutet nicht, dass hier immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Es ist manchmal frustrierende, harte Arbeit. Wir sind eine Stufe vor dem Kompromiss, wir sind dabei, den anderen zuzuhören. Darin sind wir gut."
Das gegenseitige Verständnis aufzubringen verlangt den Bewohnern viel ab. "Etwa, wenn es um das Rollenbild von Mann und Frau geht, das den arabischen Kindern schon sehr früh vermittelt wird", sagt Silberfeld. "Oder wenn es um den Freiraum geht, den junge Menschen bekommen, um die Welt zu entdecken, Beziehungen einzugehen. Der Kompromiss besteht darin, mit den Unterschieden zu leben."
Roi Silberfeld ist klar, dass diese Koexistenz im Großen schwierig ist. Die Palästinenser wünschen sich einen eigenen Staat, "eine Rückkehr in das, was sie als Palästina ansehen. Dafür eine Lösung zu finden ist nicht einfach, aber notwendig."