08 Dezember 2021

Welche Welt wartet auf sie?



Dieses Plakat kann man manchmal in den Biedermannsdorfer Schaukästen der Grünen sehen. Es gefällt mir sehr gut, weil es bunt und optimistisch rüberkommt. Die lachenden Kinder vermitteln Unbeschwertheit. Einen Teil davon werden sie im Laufe ihres Lebens verlieren, die einen mehr, die anderen weniger. Es gibt viele Gründe dafür. Einer davon, den ihre Vorfahren nicht hatten, ist die Klimakrise. Bezüglich ihrer Zukunft werde ich oft sehr nachdenklich. Seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg ist es erstmals nicht mehr sicher, ob es den Kindern besser gehen wird als den Eltern.

Was werden sie in 20, 30 Jahren von uns denken, was werden unsere Enkel in 40, 50 Jahren von uns denken, wenn der letzte Sturm ihnen wieder einmal die Dächer von den Häusern gerissen hat, oder Überflutungen ihnen ihr Hab und Gut genommen haben und trotzdem Wassermangel besteht. Was werden sie sagen, wenn sie an die märchenhaften Zeiten zurückdenken, in denen die Energie unerschöpflich, das Wasser reichlich und frisch war, und die Supermarktregale wohl gefüllt waren mit Spezialitäten aus aller Welt. Was werden sie sagen über die, die das alles aufs Spiel gesetzt und verloren haben?

Wie werden sie über uns denken, wenn sie lesen und hören, wir hätten Angst gehabt um unsere Versorgungssicherheit und waren dumm genug, weiterhin Ackerland für Einkaufstempel Industrie zu opfern, aber Sonnenstrom auf Freiflächen abzulehnen.

Oder wir hätten Angst um unsere Wälder gehabt und waren dumm genug, sie trotzdem für den internationalen Handel zu missbrauchen und Naturschutzgebiete dem Straßenbau unterzuordnen, aber den Bau von Biomasse-Anlagen zu verhindern.

Oder wir hätten Angst um unsere Vögel gehabt und waren dumm genug, ihnen durch Abholzung und Pestizidverwendung ihre Nahrung und ihren Lebensraum zu nehmen, wollten aber keine Windräder.

Was werden sie sagen in ihrer Zeit, wo die letzten Wälder verschwinden werden, wo Missernte auf Missernte folgt, wo die Gletscher ihnen längst den letzten Tropfen Wasser geschenkt haben werden und der Frühling längst verstummt sein wird.

Für Jene, die jetzt denken, ich erzähle Schauergeschichten oder schüre Angst, sei Helga Kromp-Kolb, die bekannte Klimawissenschaftlerin, Autorin und unermüdliche Kämpferin für den Klimaschutz zitiert. Sie sagt uns, was passiert, wenn wir die Klimaziele nicht erreichen:

“Sie werden in der Hitze hungern, von der Sonne versengt, in einer kollabierten Wirtschaft, und vor steigendem Meeresspiegel und Kriegen fliehen oder versuchen vor Klimaflüchtlingen zu beschützen, was Ihnen noch geblieben ist, ohne Aussicht auf Verbesserung, im Gegenteil.
Und sie werden sich fragen: Warum hat uns niemand gewarnt?
Oder, wenn Sie ehrlicher sind: Was haben wir uns nur dabei gedacht, als wir die Warnungen missachtet haben?”

Wir befinden uns an der wohl wichtigsten Wegscheide der Menschheitsgeschichte. Welchen Weg wollen wir gehen? Viel Zeit zur Entscheidungsfindung bleibt uns nicht mehr.

07 Dezember 2021

Was passiert, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichen?




Am 9.11. hielt Frau Professor Helga Kromp-Kolb im UniCredit-Center der Bank-Austria einen Vortrag mit dem Titel: “Was passiert, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichen?” Die Frage, beziehungsweise die Befürchtung scheint insofern berechtigt, als in Glasgow nur schleppende Schritte angekündigt wurden, um unsere Lebensgrundlagen zu schützen. Ein bedeutender Teil der relevanten Wissenschaft hält ein Erreichen der Klimaziele bei den dort geäußerten Handlungsabsichten nicht mehr für möglich und geht bereits von 2,7 Grad Erhitzung aus. Was das bedeutet, legte Kromp-Kolb in ihrer Conclusio dar.

Ab 2,7 Grad Erderhitzung
“Sie werden in der Hitze hungern, von der Sonne versengt, in einer kollabierten Wirtschaft, und vor steigendem Meeresspiegel und Kriegen fliehen oder versuchen vor Klimaflüchtlingen zu beschützen, was Ihnen noch geblieben ist, ohne Aussicht auf Verbesserung, im Gegenteil.
Und sie werden sich fragen: Warum hat uns niemand gewarnt?
Oder, wenn Sie ehrlicher sind: Was haben wir uns nur dabei gedacht, als wir die Warnungen missachtet haben?”


Soweit die pessimistische, realistische Version, wenn wir uns weiterhin so wenig bewegen wie bisher.

Wie aber würde die Welt aussehen, wenn wir das Ziel erreichten? Auch dieses optimistische, Szenario ist immer noch realistisch.

“Bei 1,5 Grad Erderhitzung
Das Leben wird sich völlig verändert haben.
An das geänderte Klima haben Sie sich angepasst – die heißen Stunden des Tages können sie in grünen Oasen, nicht weiter als 10 Minuten von Ihrer Wohnung entfernt, genießen. Die reduzierte Arbeitszeit bringen sie locker in den kühlen Stunden unter.
Die Arbeit macht wieder Freude, weil Qualität das Ziel ist, nicht Masse. Bildung ist wieder ein Erlebnis, nicht Dressur. Für Kultur und Natur bleibt Zeit, Gesundheit ist mehr als das Fehlen von Krankheit.
Die Natur erholt sich – Schmetterlinge und Vogelgesang begleiten wieder den Alltag.
Und sie fragen sich: Wieso haben wir die Klimakrise gebraucht, um diese Veränderungen herbeizuführen?”

Hier die gesamte Präsentation: (https://youtu.be/XK1i0r1_Bo0)

Das kann erreicht werden...
  • Wenn wir realisieren, dass wir einer nie gekannten Menschheitskrise entgegengehen.
  • Wenn wir alle Register der Transformation unserer Gesellschaft in allen Bereichen wie Ernährung, Verkehr und Konsum ziehen.
  • Wenn wir die Unmöglichkeit ewigen Wachstums in einer endlichen Welt erkennen.
  • Wenn wir akzeptieren, dass Artenschutz unser eigenes Überleben sichert.
  • Wenn wir auch Menschen außerhalb unserer Staatsgrenzen mit Empathie und Fürsorge begegnen.
Das alles übersetzt auf unseren Alltag in Österreich:
  • Dem Stopp großer Straßenbauprojekte muss absolute Priorität eingeräumt werden.
  • Inlandsflüge müssen verboten werden.
  • Die ökologische Steuerreform muss bald überarbeitet werden, auf dass Diesel nicht mehr subventioniert wird, die Pendler-Bestimmungen reformiert werden und der CO2-Preis stark ansteigt.
  • Der öffentliche Verkehr muss mit Hochdruck ausgebaut und gegenüber dem Individualverkehr konkurrenzfähig gemacht werden.
  • Naturschutzzonen müssen weiter ausgebaut werden um den Artenschutz zu fördern.
  • Genügend Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energie müssen gebaut werden.
  • Regionale und lokale Lebensmittel müssen deutlich billiger werden als jene aus Übersee.
  • Hilfe für Menschen außerhalb unserer Staatsgrenzen muss uns ein starkes Bedürfnis werden nach dem Grundsatz: "Global denken, lokal handeln".
Und wir selbst? Ohne uns geht das alles nicht. 
  • Wir müssen unsere Ernährungsgewohnheiten großteils komplett ändern. Kein “gib uns unser täglich Fleisch” mehr.
  • Achtsamkeit bei der Auswahl des Lebensmitteleinkaufs.
  • Plastik empfindlich reduzieren, nur Getränke in Pfandflaschen kaufen.
  • Das Mobilitätsverhalten überprüfen. Auch E-Autofahrten vermeiden, soweit möglich.
  • Uns bewusst werden, dass unser Leben, wie wir es heute führen, ausschließlich davon abhängt, dass wir genügend leistbare Energie zur Verfügung haben. 
  • Das heißt, Energie sparen, wo es geht, wie zum Beispiel unser Häuser dämmen.
  • An unsere Kinder und Enkel denken, wenn wir über Photovoltaik am Dach oder einer Wärmepumpe diskutieren und nicht daran, ob sich das amortisiert.
  • Und nicht zuletzt akzeptieren, dass Windparks, Biomasseanlagen und Solarkraftwerke gebaut werden müssen, damit wir auch künftig unsere Felder bewässern, unsere Arten schützen und damit unsere eigene Zukunft sichern können.
  • Menschen außerhalb unserer Staatsgrenzen als unsere Nächsten sehen und erkennen, dass ihr Wohlbefinden in einer globalisierten Welt auch uns nützt.
Natürlich habe ich längst nicht alles erwähnt.

Eine Transformation ist kein leichter Weg. Aber es ist der Weg zum Erfolg, und er kann schön und faszinierend sein, wenn wir das oben beschriebene optimistische Ziel im Auge behalten. Also gehen wir´s an. Trotz der Trauer um Verlorenes. Die Aufgabe ist groß, aber nicht zu groß!

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